Sucht man in einem BWL-Buch nach dem Thema ‚Recruiting Definition‘, kommt man als erstes zu dem Begriff ‚Personalbeschaffung‘. Bei Recruiting geht es um die Gewinnung von qualifizierten Arbeitskräften.
Die Beschaffung oder Gewinnung von Talenten ist ein Teilbereich der Personalwirtschaft. Die zentrale Aufgabe von Recruiting besteht darin, einer Organisation den Kontakt zu Arbeitskräften / Talenten zu ermöglichen und diese für offene Stelle zu gewinnen/ auszuwählen.
Das Thema Recruiting gliedert sich in der wissenschaftlichen Literatur in verschiedene Bereiche: Personalmarketing, Personalbedarfsplanung, Personalbeschaffung und Personalauswahl. All diese Themengebiete befassen sich mit der Aufgabe geeignete Mitarbeiter für ein Unternehmen zu gewinnen oder dienen diesem Prozess.
Die Aufgabenbereiche sind zum Teil aufeinander aufbauend oder in Absprache miteinander möglich. Eine klare Abtrennung der Bereiche ist nur bedingt möglich, da beispielsweise die Personalbedarfsplanung auch in Zusammenhang mit der Entwicklung bzw. Freisetzung von Personal steht. Eine einheitliche Gruppierung der Bereiche wird in der Literatur nicht weiter vorgenommen.
Aktuell wird in vielen Unternehmen Recruiting und Talent Acquisition unterschieden. In der Vergangenheit konnten Unternehmen lediglich durch die Veröffentlichung einer Stellenanzeige genügend passende Profile gewinnen und die diese mithilfe eines Auswahlprozesses gewinnen. Aktuell fokussieren sich viele Unternehmen insbesondere auf die Suche von Talenten, damit überhaupt eine Auswahl stattfinden kann.
Diese Verschiebung ist eine der größten Veränderungen von Recruiting in den letzten Jahren und lässt ganz neue Rollenbilder entstehen. Weitere Informationen dazu beim Thema Talent Acquisition.
Recruiting Aufgaben: Was macht ein Recruiter?
Wie oben beschrieben, ist Recruiting oder Personalgewinnung eine Teilaufgabe im Personalbereich einer Organisation.
Die Gewinnung von Personen für Aufgaben innerhalb einer Organisation gehört neben der Personalentwicklung zu den wichtigsten Aufgaben.
Die Aufgaben im Recruiting sind vor allem anhängig von der Größe der Organisation. Je kleiner das Unternehmen ist, desto generalistischer ist dort der Aufgabenbereich eines Recruiters. In größeren Organisationen gibt es häufig verschiedene Rollen im Recruiting. Jedes Unternehmen organisiert sich hier jedoch auch selbst.
Nach meiner Erfahrung haben sich bisher keine einheitlichen Rollenbilder entwickelt. Eine Übersicht über die Rollenbilder und Jobbezeichnungen im Recruting gebe ich in einem gesonderten Artikel. Dort beschreibe ich z.B. auch welche Aufgaben die jeweiligen Rollenbilder innerhalb von HR typischerweise erledigen.
Der Fachkräftemangel hat die Arbeitsweise extrem gewandelt und Organisationen suchen nach anderen Qualifikationen im Recruiting. Der Marketinganteil in der Rolle wurde mit der Zeit immer größer.
Früher hat der Recruiter:innen nur Stellenanzeigen veröffentlicht und die Vermarktung durch Stellenbörsen war quasi ein Selbstläufer. Auf jede offene Stelle gab es genug Bewerber:innen, sodass der wesentliche Fokus im Recruiting im Bereich Personalauswahl, und Vertragsthemen lag.
Heute nimmt das Marketing von Stellenanzeigen bis hin zum Active Sourcing einen großen Stellenwert im Recruiting ein, sodass hier schon neue Rollen entstehen. Grundsätzlich lasst sich jedoch feststellen, dass Recruiting viel proaktiver wird. Es reicht nicht mehr Bewerber nach bestimmten Kriterien zu sortieren und zu prüfen, zunächst müssen Kandidaten erstmal gefunden und für den Job begeistert werden.
Aufgaben im Recruiting
Überblick über die typischen Aufgaben im Recruiting orientiert an dem Prozess. Darüber hinaus gibt es im Recruiting aber auch noch viele weitere häufig strategische Aufgaben. Das Spannungsfeld zwischen operativer Arbeit und strategischen Themen ist in vielen Recruiting Abteilungen aktuell Thema.
- Bedarfsermittlung:
Feststellung offener Stellen und benötigter Fähigkeiten. - Stellenausschreibung:
Erstellen und Veröffentlichen von Stellenanzeigen. - Sichtung von Bewerbungen:
Bewertung eingehender Bewerbungsunterlagen. - Vorstellungsgespräche:
Durchführung von Interviews mit geeigneten Kandidaten. - Auswahlverfahren:
Entscheidung für den geeignetsten Bewerber. - Vertragsverhandlungen:
Vereinbarung der Arbeitsbedingungen und Gehalts. - Onboarding:
Organisation und Durchführung von Einführungsprogrammen für neue Mitarbeiter.
Neben den aufgezählten Aufgaben gibt es noch viele Themen im Recruiting die abseits des Prozesses wichtig sind. So können beispielsweise ein Beziehungsaufbau zu Kandidaten, oder Employer Branding zu den Aufgaben gehören. Weiterhin ist hier natürlich der Idealprozess skizziert. Wenn es z.B. keine Bewerbungen für eine Stellenausschriebung gibt müssen Recruiter viele weitere Wege gehen. Mehr über den Recruting Prozess.
Da sich die Aufgaben im Recruiting je nach Größe der Organisation verändern, können die Aufgaben alle Teil einer Rolle im Recruiting sein.
In größeren Organisationen sind die Aufgaben häufig auf mehrere Rollen aufgeteilt, sodass es neben dem klassischen Recruiting Manager/ Recruiter auch noch Rollen wie Business Partner, Recruiting Coordinator, Active Sourcer oder Talant Akquisition Manager gibt.
Die Rolle des Recruiting in Unternehmen
Als Talent Acquisition Manager habe ich hautnah miterlebt, wie sich die Rolle des Recruitings in Unternehmen im Laufe der Zeit gewandelt hat. Früher wurde das Recruiting oft als rein operative Aufgabe betrachtet, bei der es darum ging, Stellenanzeigen zu schalten, Bewerbungen zu sichten und Vorstellungsgespräche zu führen. Doch heute, angesichts des Fachkräftemangels und des immer intensiveren Wettbewerbs um Talente, ist klar geworden, dass das Recruiting eine strategische Funktion einnehmen muss. Es ist nicht nur meine Aufgabe, die besten Talente zu identifizieren und anzuwerben, sondern auch sicherzustellen, dass sie sich langfristig im Unternehmen entfalten können.
Als zentrale Schnittstelle zwischen unserem Unternehmen und potenziellen Kandidaten fungiert mein Recruiting-Team als Botschafter unserer Werte, Kultur und Arbeitgebermarke. Wir sind verantwortlich für die Vermittlung eines positiven Eindrucks von unserem Unternehmen und stellen sicher, dass die Kandidaten unsere Vision und Ziele verstehen. Unsere enge Zusammenarbeit mit dem Management ermöglicht es uns, die Anforderungen und Erwartungen für jede offene Stelle zu verstehen und sicherzustellen, dass unsere Einstellungen den strategischen Zielen des Unternehmens entsprechen.
Darüber hinaus arbeite ich eng mit der Personalabteilung (HR) zusammen, um sicherzustellen, dass der gesamte Recruiting-Prozess reibungslos verläuft. Wir koordinieren uns bei Vertragsverhandlungen, Gehaltsangeboten und anderen administrativen Aspekten der Einstellung. Ein weiterer wichtiger Aspekt unserer Arbeit ist das Talentmanagement und die -entwicklung. Gemeinsam mit anderen HR-Bereichen entwickeln wir Karrierepläne, Schulungsprogramme und Mitarbeiterbindungsmaßnahmen, um sicherzustellen, dass unsere eingestellten Talente langfristig im Unternehmen bleiben und ihr volles Potenzial entfalten können.
Eine weitere Schlüsselaufgabe ist die Markt- und Wettbewerbsanalyse. Wir beobachten den Arbeitsmarkt genau und analysieren die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten und Qualifikationen. Diese Informationen liefern wir dem Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die besten Talente anzuziehen.
Neben all diesen Aufgaben spielt das Onboarding und die Integration neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Wir arbeiten eng mit den Personal- und Fachabteilungen zusammen, um sicherzustellen, dass der Einstieg neuer Teammitglieder reibungslos verläuft. Wir organisieren Einführungsprogramme, Schulungen und bieten Mentoring-Unterstützung an, um sicherzustellen, dass sich neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter willkommen fühlen und schnell produktiv werden können.
Insgesamt ist es meine Verantwortung als Talent Acquisition Manager, das Recruiting in unserem Unternehmen auf eine strategische Ebene zu heben. Wir sind nicht mehr nur Operateure, sondern Gestalter und Treiber eines erfolgreichen Talentmanagements. Durch unsere Bemühungen tragen wir maßgeblich dazu bei, eine talentierte und qualifizierte Belegschaft aufzubauen, die die Zukunft unseres Unternehmens sichert.
Auswirkungen eines effektiven Recruiting auf den Unternehmenserfolg
Als Talent Acquisition Manager habe ich in meiner beruflichen Laufbahn festgestellt, dass Unternehmen nicht nur aufgrund des Fachkräftemangels, sondern auch aufgrund der direkten Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg in ihr Recruiting investieren sollten.
In einer Zeit, in der der Wettbewerb um qualifizierte Kandidaten immer intensiver wird und der Fachkräftemangel weiterhin besteht, ist es für Unternehmen von größter Bedeutung, ein gut organisiertes Recruiting zu etablieren, das operative Exzellenz mit strategischem Weitblick vereint. Dadurch können Unternehmen weiterhin gute Chancen haben, die besten Talente anzuziehen und sich von der Konkurrenz abzuheben.
Eine der entscheidenden Auswirkungen eines effektiven Recruiting-Prozesses besteht darin, eine höhere Qualität der Mitarbeiter sicherzustellen. Durch eine sorgfältige Auswahl und Identifizierung qualifizierter Kandidaten, die gut zur Unternehmenskultur passen und über die benötigten Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, kann die Produktivität und Leistungsfähigkeit des gesamten Teams gesteigert werden. Jeder einzelne Mitarbeiter spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Unternehmens, und ein effektives Recruiting stellt sicher, dass wir die besten Talente finden, um unser Unternehmen voranzubringen.
Darüber hinaus trägt ein solides Recruiting zu einer reduzierten Fluktuation bei. Wenn wir die richtigen Menschen für die richtigen Rollen einstellen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie länger im Unternehmen bleiben. Dadurch werden die Kosten für erneutes Recruiting und Training reduziert und die Stabilität innerhalb des Unternehmens gefördert. Außerdem können wir Beziehungen zu unseren Mitarbeitern aufbauen und ihr volles Potenzial entfalten lassen, da sie sich mit unserer Unternehmenskultur und -vision identifizieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schaffung einer positiven Unternehmenskultur. Durch einen gut strukturierten Recruiting-Prozess stellen wir sicher, dass neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unsere Werte und Vision teilen. Dadurch entsteht eine Unternehmenskultur, in der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam an einem Strang ziehen und sich mit ihrem Beitrag zum Unternehmenserfolg identifizieren können.
Neben den kulturellen Aspekten spielt auch die Zeit- und Kosteneffizienz eine entscheidende Rolle. Ein effizienter Recruiting-Prozess minimiert den Zeitaufwand für die Stellenausschreibung und -besetzung, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führt. Dadurch können Unternehmen ihre Ressourcen effektiver nutzen und den Fokus auf andere strategische Aufgaben richten, um das Wachstum und den Erfolg des Unternehmens voranzutreiben.
Ein starkes Recruiting trägt auch zur Stärkung der Arbeitgebermarke bei. Wenn Unternehmen als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen werden, ziehen sie qualifizierte und engagierte Talente an. Ein guter Ruf in Bezug auf das Recruiting verbessert die Arbeitgebermarke und hebt Unternehmen von ihren Wettbewerbern ab.
Des Weiteren hilft ein effektiver Recruiting-Prozess dabei, Vakanzen zu reduzieren. Indem Unternehmen die richtigen Kandidaten zeitnah einstellen, können Produktivitätsverluste vermieden und schnell auf Geschäftsanforderungen reagiert werden. Ein gut strukturierter Prozess gewährleistet, dass Unternehmen die benötigten Ressourcen rechtzeitig erhalten und die Kontinuität ihrer Geschäftstätigkeit gewährleisten können.
Nicht zuletzt fördert ein erfolgreiches Recruiting das Unternehmenswachstum. Durch die Identifizierung und Einstellung der richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können Unternehmen ihre Geschäftsziele erreichen und das Wachstum vorantreiben. Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein wesentlicher Faktor für Innovation und Wettbewerbsvorteile. Ein starkes Recruiting gewährleistet, dass Unternehmen die besten Talente gewinnen und ihnen eine Umgebung bieten, in der sie ihr volles Potenzial entfalten können.
Basierend auf meinen Erfahrungen als Talent Acquisition Manager bin ich fest davon überzeugt, dass Unternehmen in ein gut organisiertes Recruiting investieren sollten, um eine höhere Qualität der Mitarbeiter, eine reduzierte Fluktuation, eine stärkere Unternehmenskultur, Zeit- und Kosteneffizienz, eine stärkere Arbeitgebermarke, geringere Vakanzen und eine Förderung des Unternehmenswachstums zu erreichen. Indem Unternehmen operative Exzellenz mit strategischem Weitblick kombinieren, können sie die besten Talente anziehen und ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen.
Personalgewinnung in den 90er- Jahren
Stellenanzeigen wurden fast ausschließlich über Tages- und Wochenzeitungen kommuniziert, wollte man sich darauf bewerben, musste man an Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnisse in eine DIN-A4 Mappe heften und mit einem Umschlag inkl. Rückumschlag per Post bewerben.
Wenn der Bewerber Glück hatte, war eine Telefonnummer angegeben, der Ansprechpartner hatte aber meist keine Ahnung vom Bewerberverfahren und konnte neben allgemeinen Informationen auch kaum helfen. Selbst als es Internet gab, hatten nur die größten Unternehmen Stellenanzeigen auffindbar auf ihren Websiten.
Das Bewerberverfahren war damals für beide Seiten sehr zeitintensiv. Die Personalabteilung war nicht selten wochenlang damit beschäftigt eingehende Bewerbungen zu prüfen und zu entscheiden welche Kandidaten die notwendigen Qualifikationen mitbrachten. Bewerbungen mit Fehlern im Anschreiben wurden häufig sofort aussortiert.
Es gab viel mehr Bewerber als Stellen und ich habe schon häufig Geschichten von Wäschekörben voller Bewerbungen gehört. Es gab keine Arbeitgeberbewertungsplattformen wie Kununu und auch keine Karriereseiten wo Kandidaten sich im Vorfeld zu der Unternehmenskultur hätten informieren können. Erst beim Vorstellungsgespräch war ein erster Kontakt mit dem Bereich und in der Regel dem Vorgesetzten möglich. In dem Vorstellungsgespräch ging es auch nicht darum sich gegenseitig kennenzulernen, es ging nur darum den Bewerber zu prüfen und für eine Eignung zu bewerten. Wenn ein Bewerber ein Angebot für eine Stelle bekommen hatte, durfte dieser sich glücklich schätzen und hatte oft erst mit Beginn der Arbeit die Möglichkeit das Unternehmen besser kennenzulernen. Aber dafür gab es ja dann in den meisten Fällen auch nur einen befristeten Arbeitsvertrag, damit das Unternehmen noch Zeit hatte zu entscheiden ob es wirklich passt.
Veränderung der Tätigkeit im Laufe der Jahre